Auf dem Erfolg der ersten aufbauend, wurde bereits
die zweite documenta 1959 zu einer Institution: die Trägerschaft
ging in eine GmbH über, und die konzeptuelle Realisierung wurde
auf eine größere Gruppe ausgewiesener Kunsthistoriker verteilt.
Die Nachkriegszeit rückte nun in den Blick der Ausstellungsmacher,
die die Ausstellung programmatisch mit Kunst nach 1945
untertitelten. Das Jahr 1945 wurde aber nicht nur als politische Zäsur
verstanden. Anhand einer Auswahl von künstlerischen Arbeiten
der Vorkriegsmoderne, die als Qualitätsmaßstab für
die zeitgenössische Kunst dienen sollte, wollte Werner Haftmann
seine These von der Weltsprache Abstraktion untermauern,
die er erstmals in sein 1954 erschienenen Buch Die Malerei des
20. Jahrhunderts entwickelt hatte.
Die Kontinuität der Entwicklung von einer das Sichtbare
abbildenden zu einer das Unsichtbare sichtbar machenden Kunst
sollte dargelegt, und zugleich die Abstraktion als durchgesetzte Diktion
der Kunst der Nachkriegszeit vorgestellt werden.
Zugleich unterstrich Arnold Bode in seinem Präsentationskonzept
diese These, indem er einzelne Bilder als Blickfänge in zentrale
Achsen des Museums einfügte. Ernst Wilhelm Nays Freiburger
Bild von 1956 dominierte den Hauptsaal des Fridericianums und
illustrierte eine weitere Neuerung der Nachkriegskunst: Die Formate
der Malerei waren explodiert und im Gefolge der Amerikaner zu wandfüllenden
Manifestationen einer neuen, internationalen Bildauffassung geworden.
Amerikanische Kunst war ebenfalls erstmals repräsentativ und
breit vertreten, dank der Mithilfe des New Yorker Museum of Modern
Art, das 97 Werke, hauptsächlich dem Abstrakten Expressionismus
und dessen Spielarten zugehörig, als Paket nach Kassel gesandt
hatte. In diesem Akt der transatlantischen Unterstützung wurde
jedoch nicht allein der internationale Charakter der documenta sichtbar,
sondern es wurde auch die zunehmende Vormachtstellung amerikanischer
Kunst in der Nachkriegszeit unterstrichen. Das Zentrum der Avantgarde
hatte sich von Europa in die USA verlegt. Eine Arbeit, das kontroverse
Bild Bed des Amerikaners Robert Rauschenberg von 1955,
wurde der Öffentlichkeit jedoch vorenthalten und blieb in der
Versandkiste verpackt: Rauschenberg gehörte zur jüngsten
Generation amerikanischer Künstler, die sich bereits von den
Konventionen des Abstrakten Expressionismus losgesagt hatte, und somit
Haftmanns These von dessen globaler Gültigkeit im Wege stand.
Neu am Konzept der d2 war, dass nicht nur Malerei, sondern auch Skulptur
und Druckgrafik in die Ausstellung integriert wurden. Für die
Ausstellung der Plastik wurde erstmals das Freigelände der Orangerie
in der Karlsaue einbezogen. Bodes inszenierte die Skulpturen vor der
kulissenartigen Hintergrundarchitektur der Orangerie, indem er sie
mit einer offenen Struktur von geweißten Backsteinmauern umgab
und den Skulpturen so eine Intimität und einen Maßstab
zuwies, ohne die spektakulären Sichtbezüge zur Ruine der
Orangerie zu verlieren. Die Formensprache der Skulpturen, die auf
der Unmöglichkeit der Behauptung eines intakten Menschenbildes
nach den Grausamkeiten des zweiten Weltkrieges basierte, setzte sich
so in einen spannenden Dialog mit der im Krieg stark beschädigten
Architektur.